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Feuerwehrmuseen

in Deutschland

1949-1990 Geteiltes Volk!

Zeitenwende 2

Unfreiwillige "Grenzer" - Ostberliner Feuerwehr als Wachorgan beim Mauerbau

Skulptur 'Berlin' von Eduardo Chillida

Herbst 2000: Im Vorhof des Bundeskanzleramtes wird die Skulptur "Berlin" des spanischen Bildhauers Eduardo Chillida enthüllt. Die beiden monumentalen, ineinandergreifenden Formen verdeutlichen das Zusammenwachsen des 1949 geteilten Deutschlands. Kein Bauwerk hat die seitens der DDR errichteten, Menschen verachtenden Grenzanlagen zwischen beiden deutschen Teilstaaten derart charakteristisch symbolisiert wie die im Sommer 1961 in Berlin errichtete "Mauer".

13. September 1961, 01:00 Uhr

Der Abschnittsbevollmächtigte (ABV) des Volkspolizeireviers Berlin-Hohenschönhausen klopft an die Wohnungstür der Familie Gläser. Vater Heinz ist Berufsfeuerwehrmann, im Amtsjargon der DDR Angehöriger des Organs F (F = Feuerwehr), Kommando (= Feuerwache) Berlin-Weißensee. Der ABV hat eine Mappe unter dem Arm, die für in seinem Zuständigkeitsbereich wohnende und die bevorstehende Operation benötigte Personen, die in jener Nacht nicht am Arbeitsplatz sind, Befehle enthält. Vater Gläser muss seinen Dienst, der eigentlich erst am kommenden Morgen beginnen soll, sofort antreten. Er wird aufgefordert, für mindestens vier Tage Verpflegung mitzunehmen. Die Familie, darunter der 17-jährige Sohn Heinz Gläser II, macht sich Sorgen, da der ABV keine näheren Erklärungen abgibt oder gar Fragen beantwortet. Man rechnet mit dem Schlimmsten, nur nicht mit dem Bau der Mauer.

Kasernierung der Wachbesatzungen

Auf der Feuerwache stellt Vater Gläser fest, dass zwar die meisten Einsatzfahrzeug anwesend sind, jedoch nur wenige Männer der Wachbesatzung. Den eintreffenden Kameraden der Freischicht wird erst jetzt mitgeteilt, dass die Grenze nach Westberlin seit Mitternacht hermetisch abgeriegelt wird. Dazu ist der Feuerwache Weißensee ein nördlicher Grenzabschnitt zur Bewachung zugewiesen worden. Die Wachbesatzung muss Marschgepäck und Waffen fassen. Mit Lösch- und sonstigen Fahrzeugen wird sie zur Sektorengrenze gefahren. Dort weisen Offiziere der damaligen Grenzpolizei die Feuerwehrleute ein.

".. notfalls durch Waffengebrauch ..."

Vorerst sind nur verhältnismäßig einfach zu überwindende Stacheldrahtrollen als erste Sperrmaßnahme verlegt worden. Die Regeln sind einfach: "Westberliner dürfen zurück in den Westen und Ostberliner in den Osten. Umgekehrt ist es verboten. Verstöße sind durch Festnahmen, notfalls durch Waffengebrauch zu verhindern!" Die Wachbesatzung der Feuerwache Weißensee wird wie die aller anderen Feuerwachen Ostberlins vorübergehend kaserniert und löst sich in festgelegtem Rhythmus im Wachdienst an der Grenze und im Einsatzdienst auf der Feuerwache ab.

Nach gut einer Woche sind die provisorischen Sperren durch eine feste Mauer ersetzt, die von der Ostseite als "Antifaschistischer Schutzwall" bezeichnet wird. Vater Gläser und seine Kameraden dürfen nach Hause zurück. Dort brauchen sie nicht viel zu erzählen, denn die Situation hat sich längst in der Bevölkerung herumgesprochen.

Danke, Heinz!

Dieser "Einsatz" der Ostberliner Feuerwehr hat den 2008 verstorbenen Sohn Heinz Zeit seines Lebens stark bewegt. Kurz vor seinem Tod hat er die Geschichte zur Veröffentlichung freigegeben.

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