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Feuerwehrmuseen

in Deutschland

60 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg

Zeitenwende 1

"Zu retten war da nichts mehr ..." - Angriff auf die Möhnetalsperre

Mit seinem späteren Beruf kommt Stadtbrandinspektor a. D. Hans-Joachim Kramer (1925-2003) erstmals im Rahmen der Ausbildung einer "Feuerwehrschar im HJ-Streifendienst" in Berührung. Im Frühjahr 1943 wird der frisch gebackene Zimmermann zum Reichsarbeitsdienst (RAD) eingezogen. Nach der Grundausbildung am Spaten mit "Stich, Hieb und Wirf" soll er am nächsten Morgen mit seinen Kameraden zum Bunkerbau am Atlantikwall abrücken, doch es kommt anders.

Ein grausiges Szenario
Verwüstungen nach dem Angriff auf die Möhnetalsperre

Helmut Kramer berichtet:

"Anderentags wurde uns mitgeteilt, dass unsere Abteilung nicht an den Atlantik, sondern an die Möhnetalsperre zum Aufräumen verlegt werde. Nachts zuvor waren die Sperrmauern der Edersee- und der Möhnetalsperre von britischen Flugzeugen mit Torpedos angegriffen und zerstört worden. [...] Mit Pferden wurden zusammengebrochene und durcheinanderliegende Holzkonstruktionsteile auseinandergezogen und auf Pferdewagen zum Abtransport verladen. Die in Trümmern und im Schlamm liegenden bzw. steckenden Toten – Erwachsene und Kinder – wurden an einem Sammelplatz abgelegt. Für die Feststellung ihrer Personalien mußten wir die Leichen mit Wasser abspritzen und reinigen. Pumpen und Schlauchmaterial stellte die ortsansässige Feuerwehr. Die Toten wurden auf einen Pferdewagen gelegt und abtransportiert. Dies war eine Arbeit, die den Beteiligten psychisch zusetzte und persönlich jedem jungen Kameraden - wir waren gerade mal 17 oder 18 Jahre alt – schwer zu schaffen machte."

Die Festschrift der Freiwilligen Feuerwehr Möhnesee berichtet:

"Das Wasser rauschte nicht, es klirrte mehr, durchfloß das Haus Heitger und in den Wassermassen Richtung Brüningsen war nur noch die Mühle Schade zu sehen. Zu retten war da nichts mehr, und auch Hilferufe waren nicht zu vernehmen."

Albert Speer, seit November 1942 als Reichsminister u. a. verantwortlich für die Organisation der Rüstung resümiert in seinen 1969 veröffentlichten Erinnerungen:

"Vier Wochen später wurde jedoch nicht von uns, sondern von der britischen Luftwaffe [RAF] der erste Versuch unternommen, durch Zerstörung eines einzigen Nervenzentrums der Kriegswirtschaft, gewissermaßen nach dem Prinzip der Querschnittslähmung, den Kriegsverlauf entscheidend zu beeinflussen. Wie man einen Motor durch Wegnahme eines kleinen Teils unbrauchbar machen kann, versuchten am 17. Mai 1943 nur neunzehn Bomber der RAF, durch Zerstörung der Talsperren des Ruhrgebiets das Zentrum unserer Rüstungsproduktion auszuschalten. [...] Die größte der Talsperren, die Möhnetalsperre, war zerstört und ausgelaufen. [...] Das am Fuß des gebrochenen Damms einst befindliche Kraftwerk war mit seinen schweren Maschinen wie wegradiert. Eine Flutwelle hatte das Ruhrtal überschwemmt. Sie hatte, das war die unscheinbar anmutende, aber gravierende Folge, die elektrischen Aggregate der Pumpstationen des Ruhrtals durchnäßt und verschlammt, so daß die Industrie zum Stillstand gekommen und die Wasserversorgung der Bevölkerung gefährdet war. [...] Wenige Tage nach diesem Angriff arbeiteten bereits 7 000 Mann, die ich vom Atlantikwall ins Gebiet von Möhne und Eder beordert hatte, an der Wiederherrichtung der Dämme"

Unter diesen 7000 Mann war auch der junge Helmut Kramer.

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